Prof. Dr.-Ing. habil. Arnim Nethe

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Dr. Arnim Nethe

zur Person Forschung Lehre Publikationen

Forschung

Entwicklung und Optimierung von Produktionsverfahren der Blutmembranen für Kreislaufunterstützungssysteme

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Einführung in die Problematik

Für die Behandlung schwer herzkranker Patienten werden zunehmend erfolgreicher und damit in steigender Stückzahl implantierbare Blutpumpen sowohl kurz- als auch mittelfristig eingesetzt. Medizinische Ziele sind dabei die Entlastung und Gesundung des Herzens oder aber die Überbrückung bis zu einer möglichen Herztransplantation. Erweiterungen der medizinischen Indikationen für den Einsatz der implantierbaren Pumpen hängen zu einem großen Teil von den realisierbaren technischen Eigenschaften der verfügbaren Pumpsysteme ab. Zu diesen zählt die Qualität der mit dem Blut in Kontakt tretenden Teile. Vor allem zwei Eigenschaften sind aus Sicht der Mediziner bei diesen aus Elasten gefertigten Teilen von Bedeutung: mangelnde Qualität der Oberflächen fördert das Thrombenwachstum, und speziell die Pumpmembran muss den ständigen Verformungen gewachsen sein, ohne Ermüdungserscheinungen zu zeigen. Diese können als Sprödigkeit, Überdehnung oder Rissbildung in Erscheinung treten. Diese hohen Anforderungen an die blutführenden Teile und besonders an die Membran in den Kriterien:

  • Freiheit der Innenoberflächen von Unebenheiten,
  • gleichmäßige und definierte Stärke des Materials,
  • Freiheit vor allem von oberflächennahen Gaseinschlüssen
führt zu stark arbeitsaufwendigen Herstellungsverfahren und auch zu hohen Ausschussquoten. Als besonders problematisch stellt sich hierbei dar, dass aufgrund der hohen Anforderungen an die Oberflächenqualität die Innenoberflächen häufig nicht durch eine Gießform bestimmt werden können, sondern durch wiederholte Beschichtungen aufgebaut werden müssen. Von den für die Verwendung als Bewandung und Membran in Frage kommenden Stoffsystemen haben sich besonders Polyurethane, abgekürzt PUR, etabliert, welche folgende Vorzüge in sich vereinen:
  • Dauerelastizität dünner Membranen,
  • Erzielbarkeit glatter, biokompatibler Oberflächen,
  • Wiederholter Auftrag der Monomerlösung führt zu kompakten, durchgehend vernetzten PUR-Körpern,
  • Vorgefertigte Teile können durch Eingießen verbunden werden.
Die Eigenschaft der Biokompatibilität, im Körperinneren nicht als Fremdkörper erkannt zu werden und Abstoßungsreaktionen auszulösen, hat Polyurethan mit nur wenigen elastischen Kunstwerkstoffen wie Silikon gemein.

Herzunterstützungssystem BERLIN HEART
Herzunterstützungssystem BERLIN HEART

Die gleichmäßige Verteilung der PUR-Lösung beim Beschichten ist nur durch einen aufwendigen mechanischen Schwenkvorgang realisierbar. Durch das Wirken der Erdschwere können danach bis zum Aushärten unerwünschte Filmströmungen Schichtdicke und Oberflächenqualität beeinflussen. Es ist deshalb wünschenswert, außer der Erdanziehung eine zweite Kraft auf die PUR-Lösung wirken zu lassen, mit der die gezielte Verteilung der Lösung unterstützt, ein Herunterlaufen verhindert und Unebenheiten der Oberfläche ausgeglichen werden können.

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Zielstellung und Problemlösung

Im Rahmen des vorliegenden Projektes wurden die Möglichkeiten zur Unterstützung der bestehenden Fertigungsverfahren bei der Herstellung und Innenbeschichtung von Blutmembranen mittels Applikation dielektrischer Kräfte untersucht, die an den Grenzflächen von Medien unterschiedlicher Polarisierbarkeit im starken elektrostatischen Feld entstehen. Es wurden Möglichkeiten zur Nutzung der Kräfte auf dielektrische Grenzflächen sowohl zur Verminderung des störenden Einflusses der Erdschwere beim Aushärten der Schichten als auch zur Beeinflussung der Oberflächenstabilität und -glätte analysiert.

Elektorden mit Ladungsverteilung Gießform-Elektrode mit Gegenelektrode
Elektorden mit einer sich einstellenden Ladungsverteilung Gießform-Elektrode mit darüberliegender optimierter Gegenelektrode

Als günstig hat sich die weitgehende Modellierbarkeit der Kraftdichteverteilungen durch den Entwurf und die Optimierung entsprechender Elektrodenanordnungen erwiesen. Dazu wurde ein an unserem Bereich genutztes Rechenverfahren angepasst und weiterentwickelt, welches sich durch in kurzer Rechenzeit erzielbare Feldlösungen gut für den Einsatz in einem Optimierungsalgorithmus eignet. Zielvorgabe der Optimierung ist ein statisches Kräftegleichgewicht zwischen Gravitation und Maxwellschen Spannungen. Die hierzu verwendeten Routinen wurden dokumentiert und sind in ihrem Kern auch für andere als die beispielhaft ausgeführten Berechnungen an einer rotationssymmetrischen Anordnung zu verwenden. Die verwendeten Algorithmen und Prozessmodelle dienen der schnellen und effektiven Variation und Entwicklung von Elektrodengeometrien zur Produktionsvorbereitung.

Kritisch sind die Eigenschaften der derzeit verwendeten Polyurethanlösungen im Hinblick auf deren Leitfähigkeit zu bewerten. Diese ist für das Entstehen tangential zur Oberfläche der Polyurethanlösung gerichteter Felder zu hoch, und sollte deshalb nach Möglichkeit verringert werden.

Die durchgeführten einfachen Versuche haben die erwarteten Effekte bestätigt. Unter geeigneten Voraussetzungen konnte das aus der Schwerkraft resultierende Herunterlaufen der Lösungen in der Gießform verhindert werden. Weiterhin wurde in stark inhomogenen Feldbereichen ein Verdrängen von störenden Lufteinschlüssen beobachtet. Dieser Effekt könnte gezielt zur Reinigung der Ausgangsstoffe genutzt werden.

Ein hoher Aufwand bei Entwicklung und Realisierung der neuen Produktionsverfahren wird durch die erforderlichen hohen Feldstärken und damit hohen Versorgungsspannungen bedingt. Dies gilt im besonderen Maße, wenn Anordnungen mit tangential zur dielektrischen Grenzfläche gerichtetem elektrischen Feld genutzt werden sollen, da bei diesen zu Ausschaltung der Einflüsse der Ladungsinfluenz entsprechende Spannungen im Kilohertzbereich bereitstehen müssen. Desweiteren sind Anordnungen, die unter erhöhtem Luftdruck niedriger Feuchtigkeit oder mit Schutzgasen die Überschlagsfestigkeit erhöhen, von Vorteil. Diese apperativ aufwendigen Faktoren sowie der Umstand, dass die im weiteren durchzuführenden Versuchsreihen auch in Bezug auf die spezielle Produktgeometrie sowie die verwendete Polyurethanlösung zu betrachten sind, machen einen Fortgang der Arbeiten bei oder mit einem entsprechenden Hersteller erforderlich.

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Projektträger:Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
Kennwort: Blutmembranenfertigung, STA 442/1-1
Projektmitarbeiter:Dipl.-Ing. Bernd Hilgenfeld
Abgeschlossen:November 1997

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